Sage Nein!
Es ist eigentlich irrelevant, wie Griechenland entschieden hat. Die EU-Spitzen haben klar gemacht, was sie von Demokratie halten – und das nicht erst gestern Nacht. Wer etwa Martin Schulz nicht pariert, verliert. Europäische Leitmedien parieren gehorsamst. Da durfte neuerlich behauptet werden, Athen hätte Brüssel keine Vorschläge unterbreitet. Nun muss man gar nicht erst den Guardian bemühen, welcher der englischsprachigen Welt kundtat, dass die Kohle nie bei Kyra oder Kosta ankam, sondern in deutsche und französische Banken floss. (Der Blog mosaik, aus dem kein alternatives Medium, sondern eine Linkspartei erwachsen soll, ist dabei, die gängigsten hellenophoben Lügen durch knackige Faktenchecks zu widerlegen.) Man muss auch nicht in die Geschichte schauen. Für die Zusammenfassung der veröffentlichten Meinung reicht ein Blick in eine für islamophobe Plattitüden bekannte Gazette, oder besser, ihre Web-Kolumne.
Wie gesagt, eigentlich ist es irrelevant. Und doch ist es ein Etappensieg. Gut, Salonlinke und die SYRIZA glauben trotz richtiger Kritikpunkte, die Lösung liege immer noch innerhalb der EU. Immerhin erkennt Misik, wie es laut EU-Eliten weitergehen soll: konfrontativ. Er denkt freilich nur an den rollenden Schwabenrowdy, nicht an rollende Panzer. Das Zwischenfazit: Nein zu sagen ist immerhin ein Anfang, ist Wut, die zu Widerstand werden kann. Und damit zurück zu den Schauermärchen.
Von Graz zu Gudenus
Bekanntermaßen löste die Amokfahrt von Graz nicht nur ehrliche Bestürzung, sondern auch eine Welle rassistischen Geifers aus. Der Boulevard tobte ausführlich, so lange es um das Bekenntnis von Alen R. ging. Rechtsextreme Seiten vermuten in ihm ebenfalls einen Dschihadisten. Später zitierten mehrere Medien – wie der Kurier und Die Presse – Alen R.s Anwältin, welche angab, er sei kein Moslem, sondern Katholik. Man muss kritisch einwenden, dass sie auch behauptet hat, Alen hätte seine Frau, die Ende Mai in ein Frauenhaus floh, nie geschlagen. Genau das erzählte Elena R. aber Christoph Feuerstein im THEMA–Exklusivinterview. Der Tränendrüsen-Fundamentalist bediente seine Lieblingsklischees. So fragte er zum Schluss: „Wie haben Sie das alles ertragen? Vier Jahre lang?“
Die Milborn kann es eigentlich besser als Feuerstein. Nur wurde sie beim Interview mit Wiens FP-Clubchef Johann Gudenus patzig. Bei Asyl-Zahlenspielen etwa brauste die Menschenrechtlerin schneller auf als der Burschenschafter. So gesehen kann die Fanbase beider KontrahentInnen behaupten, das jeweilige Gegenlager sei entzaubert worden. Großartig war Milborns Schlussatz: „Sie sind der Meister der einfachen Bilder.“
PS zur letzten Kolumne: Gerd Bacher wäre nie ORF-General geworden, wäre er 1958 Chef der Volksstimme gewesen und Unterstützer der Bleiburger Massaker. Ergo hätte er auch kein auf die Kärntner Frage zugeschnittenes Nachruf-Kastl und Traueranzeigen bekommen.
PPS: Zur #Greferendum-Berichterstattung der kommenden Tage gibt es hier ein 3K-EXTRABLATT als Download: