[3K – Massenmedien am Montag: Folge 53]
Wie gerne hätte ich Florian Klenks Pseudo-Coup auf twitter bekrittelt. Das hätte nach 52 Folgen dieser Kolumne einen passenden Bogen zur leicht chaotischen Pilotfolge gespannt. Es ist eben keine Aktion nach Walraff, wenn man sich im Wichs bei der Börse neben die Akademikerball-Demo stellt, und es ist auch keine gewiefte politische Aktion. Der investigative Journalismus muss nach anderen Standards handeln als dem Grundsatz „Wenn ich mich nur deppert genug anstelle, kriege ich sicher auf die Pappn und so eine prima SCHLAGzeile. Ha, Wortwitz.“ Anders kann ich mir Klenks „Schauen wir mal, was passiert.“ nicht sinnvoll übersetzen.
Ich hatte auch andere Dinge vor. Tolle Kreuztabellen mit den meistbenutzten Schlagworten und den wichtigsten Medienthemen, gemessen an der Kolumne. Und ich hätte meine Masterarbeit an diesem Samstagabend extern sichern wollen.
Stattdessen stehe ich in einem Elektromarkt auf der Mahü (angeblich ein Falter-Neologismus) und weise den Servicemitarbeiter darauf hin, dass mein vier Monate alter Laptop hin ist. Ja, ich habe ihn im September 2015 in dieser Filiale gekauft, extra für die Masterarbeit. Natürlich habe ich ihn nicht aufgeschraubt, da verfällt ja die Garantie. Nein, wenn er mit dem Netzteil anginge, wäre ich ja nicht hier, zumindest nicht so verzweifelt. Ich hätte zuvor die Sicherung gemacht. Das wundert mich ja auch, schließlich war der Akku vorher ganz voll. Und wenn ich zur Garantie einen Aufpreis zahle, dass die Werkstatt meine Daten sichert und dann drüber geht? „Nein, dafür gibt es ja den blauen Zettel.“, sagt der Chef-Servicemitarbeiter und fuchtelt mit einem Formular herum. Ich schaue auf die Rückwand, wo man fett mit Datenrettung wirbt. Kopfschütteln. Ich fahre heim. Das passiert mir eine Woche vor der Abgabe meiner Masterarbeit. Pfeif auf die Jubiläumskolumne. Ich könnte sterben. Stattdessen schaue ich anderen beim Sterben zu – DVD-Abend mit Six Feet Under und Bier.
Mir fällt diese geniale arte-Doku ein und jene vom BR. Beide beschäftigen sich mit geplanter Obsoleszenz. Dann denke ich an mein erstes Semester 2008. Damals nahm ich einen neu aufgesetzten Laptop mit, den schon meine Schwägerin benutzte. Er verabschiedete sich 2010 mit einem verzweifelten Piepen und einem durchgeschmorten Netzteil in der Unibibliothek. Über sieben Jahre hatte er durchgestanden. Daraufhin leistete ich mir einen schicken weißen Neubau, welcher dutzende Audiobeiträge, Artikel, zwei Bachelorarbeiten und diverse Virenattacken überstand, bevor er im Sommer heiß lief. Zur Sicherheit besorgte ich mir ein neues Gerät. Unterdessen zerfiel der einjährige Drucker nach und nach in seine Einzelteile – wie immer ohne mein Zutun. Alle Geräte waren von verschiedenen Herstellern. Bislang wurmte mich das nicht weiter bis auf die Kosten und Müllberge. Nun also der neue, eine Woche vor Abgabe. Funny Van Dannen kommt mir in den Sinn. Kapitalismus, wie ich dich hasse. Immer schon theoretisch und nun ganz praktisch.
Foto: Madhias – QWERTZ (Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0)