Sonntag ist Büchertag: „Das war Österreich“

menasse_oesterreichEssay-Sammlung von Robert Menasse vorgestellt von Robert Krotzer

„Verachten Sie die Ja-Sager in faschistischen Systemen? Warum sagen Sie dann auch immer Ja, obwohl Sie nicht in einem faschistischen System leben und gefahrlos manchmal Nein sagen könnten? Glauben Sie im Ernst, dass Sie erst dann Nein sagen, wenn es gefährlich ist, Nein zu sagen?“

Diese bedenkenswerten Worte schrieb Robert Menasse in seinem 2009 erschienen Essay „Permanente Revolution der Begriffe“, seinem bislang letzten Werk, das ihn als kritischen Intellektuellen auszeichnete. Seither hat er eine geradezu tragische Wandlung zu einem PR-Sprecher des Elitenprojekts EU hingelegt, die symptomatisch ist für vormals linke Intellektuelle, die das Denken in sozialen Widersprüchen und eine materialistische Gesellschaftsauffassung aufgegeben haben. Für Menasses neuere Werke gibt’s an der Stelle also ausdrücklich keine Empfehlung.

Umso lesenswerter sind aber seine früheren Werke und zum Verständnis von Österreich und den hiesigen Machtverhältnissen ist Menasses Essay-Sammlung „Das war Österreich“ geradezu ein Schlüsselwerk. Der schlampige Umgang mit der NS-Vergangenheit und die unvollständige Entnazifizierung, die Ideologie der Sozialpartnerschaft und das Unter-den-Teppich-Kehren gesellschaftlicher Konflikte, das Nachwirken des Austrofaschismus, das schwere katholische Erbe, der rabiate Antikommunismus und die nationale Schizophrenie im Umgang mit dem nördlichen Nachbarn – all das verdichtet Menasse zu einem Gesamtbild über die Zweite Republik, ohne welches auch die gegenwärtigen Auseinandersetzungen in Österreich kaum zu verstehen sind.

Apropos Zweite Republik, über die schreibt Menasse richtigerweise:

„So bizarr es in dieser notwendigen, aber die Wahrheit keineswegs verfälschenden Verkürzung klingt: Die Existenz einer freien, unabhängigen, zweiten österreichischen Republik ist das genuine Ergebnis einer geglückten praktischen und theoretischen Anstrengung der österreichischen Kommunisten.“

Warum das so ist (…und auch warum davon in den Geschichtsbüchern nichts zu finden ist), lässt sich ebenso in „Das war Österreich“ nachlesen.

Foto: Robert Krotzer (fb); Titelbild: Robert Menasse (flickr.com; Lizenz: CC BY-SA 2.0)

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