Gerhard Feldbauers Anleitung, wie man fortschrittliche Politik ganz bestimmt nicht machen soll – vorgestellt von Robert Krotzer
Als KommunistIn wird man ja immer wieder – mal wohlmeinend, mal besserwisserisch – mit der Frage konfrontiert, warum man sich denn nicht umbenenne und einen „moderneren“ Namen annimmt. Das wäre erstens aber Ettikettenschwindel, da wir ja in Theorie und Praxis der kommunistischen Idee folgen – was eine kritische Auseinandersetzung mit den dunklen Kapiteln unserer Geschichte nicht nur miteinschließt, sondern zur Notwendigkeit macht. Zweitens würde eine sozialrevolutionäre Bewegung auch dann den Zorn der bürgerlichen MeinungsmacherInnen auf sich ziehen, wenn sie sich „Die lustigen drei Vier“ nennen würde. Drittens zeigen auch heutige Beispiele, dass KommunistInnen als kompromisslose soziale Interessenvertretung und gesellschaftspolitische Alternative auch auf breitere Resonanz stoßen können. Und viertens zeigen eine Reihe von historischen Beispielen, wohin der Weg der vermeintlichen „Erneuerung“ führt, wenn erst das politische Programm und in der Konsequenz auch der Name verwässert wird.
Einen besonders tragischen Fall davon beschreibt Gerhard Feldbauer in seinem Buch „Wie Italien an die Räuber fiel. Und die Linke nicht mit ihnen fertig wurde“ anhand der Italienischen Kommunistischen Partei (IKP). Eric Hobsbawm zufolge drohte die Kommunistische Internationale (Komintern) ihrer italienischen Sektion noch Ende der 1930er-Jahre wegen notorischer Erfolglosigkeit mit der Auflösung – bevor die Partei wenige Jahre später zur treibenden Kraft im antifaschistischen Widerstand gegen das Mussolini-Regime und die Nazi-Besatzung werden sollte. Hunderttausende Männer und Frauen schlossen sich der Partei und ihren PartisanInnenverbänden in der Illegalität an und legten damit den Grundstein für eine der stärksten kommunistischen Parteien Westeuropas. Zu ihren Hochzeiten zählte die IKP nicht nur über zwei Millionen Mitglieder und weit über zehn Millionen WählerInnen, sondern spielte in Gewerkschaften, Kommunen, Betrieben, Frauenorganisationen, Jugendverbänden, Friedensinitiativen und damit entsprechend den theoretischen Arbeiten von Antonio Gramsci im alltäglichen Leben von Millionen ArbeiterInnen eine dominierende Rolle. Freilich, dieser Einfluss war ganz und gar nicht nach dem Geschmack der italienischen Kapitalherren, der katholischen Kirche, der NATO, der USA und den bald nach 1945 wiederaufkommendem italienischen Faschisten. Trotz harter Auseinandersetzungen – die nicht wenige KommunistInnen infolge faschistischer Angriffe und Attentate mit dem Leben zahlten – wählte die Partei nach der vertanen revolutionären Situation unmittelbar nach Kriegsende in den folgenden Jahrzehnten allzu oft defensive Strategien, einschließlich des ‚Historischen Kompromisses‘ mit der konservativen Democracia Cristiana. Die davon erhoffte Dankbarkeit seitens des politischen Gegners blieb aus, umso rascher aber breiteten sich mit der Tolerierung oder Teilnahme an bürgerlichen Regierungen jedoch ideologische Verwirrung, politischer Opportunismus und offener Verrat an den sozialen Interessen der ArbeiterInnenklasse aus.
Am Ende steht die völlige Sozialdemokratisierung einer Partei, die sich 1990 schließlich auch ihres Namens entledigte um in der Folge als Linkspartei und schließlich nur mehr als ‚Demokratische Partei‘ (orientiert am Namen des neuen Vorbilds, den US-amerikanischen Demokraten!) zu wirken – und zwar in einer Form, die dem Vormarsch des Mediendiktators Berlusconi und seiner rassistischen und neofaschistischen Gefährten von Lega Nord und Allianza Nazionale nichts entgegensetzen konnte. Im Gegenteil, erst selbst in der Regierung betrieb man die Politik von Sozialabbau, Kürzungspolitik, Privatisierungen und Kriegseinsätzen munter fort (schändlicherweise teils mit Unterstützung der aus Resten der IKP gegründeten Parteien PRC und PdCI).
Am Ende steht die italienische Linke vor den Trümmern ihrer langjährigen Fehler und Versäumnisse und die italienische ArbeiterInnenklasse – von der neoliberalen Offensive weitgehend ihrer sozialen Rechte beraubt – ohne politische Vertretung da.
Wer eine Anleitung braucht, wie man fortschrittliche Politik ganz bestimmt nicht machen soll, oder nach einem warnenden Beispiel sucht, wohin Prinzipienlosigkeit führen kann, wird in beiden Fällen im Buch „Wie Italien an die Räuber fiel“ fündig.
Foto: shop.papyrossa.de ; Titelbild: comunisti-italiani.it