In der deutschen Bundesliga solidarisieren sich Spieler mit George Floyd und schließen sich dem Protest gegen Polizeigewalt an – auch beim Torjubel. Wie können sie nur.
Ein Kommentar von Moritz Ettlinger
Der Tod von George Floyd hat die Welt einmal mehr erschüttert. Es war nicht das erste Mal, dass in den USA ein Schwarzer durch willkürlich brutale Polizeigewalt ums Leben gekommen ist. Und wenn man sich die Bilder und Videos ansieht, die aus den Vereinigten Staaten derzeit durch Social Media geistern, muss man wohl befürchten, dass es auch nicht das letzte Mal gewesen sein wird.
Die Solidarität mit George Floyd und allen Opfern von Polizeigewalt auf der ganzen Welt ist groß, die sozialen Netzwerke waren am heutigen #blackouttuesday schwarz, Menschen gehen auf die Straße, vereinfacht gesagt: Fast überall ist man sich einig, dass es so nicht weitergehen kann. Nur in einem Bereich ist es (wieder einmal) offensichtlich unerwünscht, klar gegen Rassismus Stellung zu beziehen: Im Fußball.
Mehrere Spieler der deutschen Bundesliga haben sich am vergangenen Wochenende klar positioniert. Die Dortmunder Jadon Sancho und Achraf Hakimi zeigten beispielsweise nach ihren jeweiligen Toren die Botschaft „Justice for George Floyd“, also “Gerechtigkeit für George Floyd”. Der Gladbacher Marcus Thuram zeigte mit einem Kniefall als Torjubel seine Solidarität, Weston McKennie von Schalke 04 trug ebenfalls die Botschaft „Gerechtigkeit für George Floyd“ auf seinem Trauerflor am Oberarm. Starke, wichtige Aktionen, könnte man meinen, endlich einmal Fußballer, die konkret Position zu einem gesellschaftlich so wichtigen Thema wie Rassismus beziehen.
Der Deutsche Fußball Bund (DFB) sieht das offenbar anders. Da politische Botschaften laut Regelwerk nicht erlaubt sind, prüft der DFB-Kontrollausschuss nun Sanktionen gegen die oben genannten vier Spieler. Sollten diese tatsächlich kommen, würde sich der DFB endgültig lächerlich machen und beweisen, dass mit ihm im Kampf gegen Rassismus nicht zu rechnen ist.
Jede einzelne Kampagne, die die deutsche Bundesliga jemals gegen Rassismus gefahren hat, verliert völlig an Bedeutung, wenn Statements wie jene von Sancho und Co. bestraft werden, und sei das Regelwerk noch so eindeutig.
Es ist vor allem eine Frage der Prioritätensetzung. Erst vor ein paar Monaten bei der Causa Hopp wusste der DFB ganz genau, auf welcher Seite er stand. Jetzt, da es um eines der gesellschaftlich relevantesten Themen überhaupt geht, beruft man sich auf das Regelwerk und verurteilt „politische Statements“.
Das ist auf mehreren Ebenen lachhaft. Zum einen gehört der Paragraf, dass politische Botschaften im Fußball verboten sind, generell überdacht. Denn welche Bühne, wenn nicht das Stadion, bietet sich dazu an, gesellschaftliche Themen anzusprechen und gegen Rassismus, Sexismus usw. vorzugehen. Gerade dort werden auch Menschen erreicht, die sich sonst vielleicht nicht unbedingt täglich mit politischen Themen auseinandersetzen. Sport war noch nie unpolitisch und darf es auch in Zukunft keinesfalls sein, auch nicht auf dem Platz.
Zum anderen, und das ist noch viel wichtiger, geht es beim Thema Rassismus nicht um eines, bei dem es mehrere Meinungen geben darf. Es macht einen großen Unterschied, ob ein Spieler auf seinem Shirt für eine Partei Wahlwerbung betreibt oder sich gegen Diskriminierung einsetzt. Denn Rassismus ist keine Meinung und dagegen einzutreten darf niemals bestraft werden. Völlig egal, was irgendwelche Regeln besagen.