Der Schluwi-Bert geht in Pension

Bert_SchluwiWiener Kult-Beisl „Schlupfwinkel“ wird in jüngere Hände übergeben – Kristl: „Soll genauso bleiben, wie es ist“ – Abschieds-Kundgebung am 31. März

Am 1. April 1996 eröffnete Bert Steingötter sein Lokal im 4. Wiener Gemeindebezirk (Kleine Neugasse 10). Schon unter den Vorgängern hieß es „Schlupfwinkel“, war aber damals ein gewöhnlicher Zufluchtsort für passionierte Trinker.

Mit Durchhaltevermögen und einer Portion Strenge verwandelte es der ehemalige Journalist und Drehbuchautor in den darauffolgenden Jahren in ein linkes Beisl mit dem Flair der legendären 68er Jahre, (die der Wirt noch miterlebt hat, im Gegensatz zu den Kellnerinnen). Als Gäste wollte Bert „keine Wichtigtuer, keine Ausländerfeinde, sondern Leute, die ins Schluwi strömen, um hier in netter Gesellschaft Spaß zu haben, Gedanken auszutauschen oder einfach auch nur auszuspannen“, heißt es auf der Homepage. Einen Schlupfwinkel also, „um sich mal für ein paar Stunden von der bösen Welt da draußen zu erholen.“ Wer also ein Schickimicki-Lokal sucht, war und ist hier völlig fehl am Platz – solche gibt’s ohnedies zuhauf. Mit dieser Unternehmensphilosophie wurde Berts Beisl in den letzten 19 Jahren für viele zu einem zweiten Wohnzimmer.

„Und es soll auch genauso bleiben, wie es ist“, meint Kristl Rupp, die seit 14 Jahren an seiner Seite kellnert und ab dem 1. April das Lokal übernimmt. Über ihren Noch-Chef, der laut Selbstbeschreibung „hinter der Schank für Panik und Verwirrung sorgt“, verrät sie im „geheimen“ Gespräch mit Unsere Zeitung allerlei Details.

schluwi_frontNach der Matura war er kurz auf der Uni und noch kürzer beim Bundesheer (3 Tage „Hungerstreik“), danach schrieb Genosse Steingötter für die Arbeiter-Zeitung, die Volksstimme, täglich Alles und schließlich für die Kronen Zeitung (dort offenbar zu kurz, da es sie im Gegensatz zu den vorherigen Tageszeitung immer noch gibt). Er verfasste Drehbücher für den Tatort, kehrte aber etwas frustriert dem Schreiben den Rücken und übernahm schließlich das „Schlupfwinkel“, ein Lokal, in das er sich auf den ersten Blick verliebt hatte, weil es ihn an die Zeit der wilden 60er Jahre erinnerte.

Und wie ist er so als Chef? „Manchmal ein bisschen schrullig, aber ein loyaler Mensch, der immer hinter dir steht, humorvoll und angenehm“, sagt Kristl, ohne die man sich das Schluwi genauso wenig vorstellen kann, wie ohne den Bert. Letzterer wird hoffentlich trotz geplanten Reisen mit seinem Wohnmobil und drei Enkelkindern immer wieder auf einen Sit-in vorbeikommen.

Für Dienstag, den 31. März rufen wir unsere Leserinnen und Leser ab 18 Uhr zu einer solidarischen Kundgebung in der Kleinen Neugasse 10 auf, um dem Schluwi-Bert einen grandiosen Abschied zu bereiten.

Fotos: Natalia Ciric (Unsere Zeitung); herold.at

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1 Kommentar

  1. Lieber Schluwiwirt, ich war es,die den/das Schluwi 1989/1990 ins Leben gebracht hat. Schön,dass es scheinbar noch existiert. Da war und ist vielleicht noch ganz viel Liebe von mir drinnen.ja, für mich war das auch sowas wie Wohnzimmer und Freunde.Gibt es die Stammgäste überhaupt noch?: Die Künstler und Kreativen? Mach was Gutes draus,das war der Grundgedanke.

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