Von Udo Bachmair, Präsident der Vereinigung für Medienkultur
Er hetzt gegen Flüchtlinge und Asylwerber, schürt Ängste durch maßlose Übertreibungen, bekräftigt Feindbilder wie den Islam, gefällt sich in plumper Schwarz-Weiß-Malerei: Der Großteil des heimischen Boulevards. Glossen, Leserbriefe und Berichte zu angeblich eskalierender Kriminalität lassen in den Köpfen verunsicherter Menschen ein Bild entstehen, das mit der Realität nur wenig zu tun hat. Zudem erscheint solchen „journalistischen“ Machwerken etwa Empathie für in Not Geratene völlig fremd.
Die in der EU beispiellose Konzentration an Boulevardzeitungen vor allem im Osten Österreichs ist auch demokratiepolitisch höchst bedenklich. So tragen die drei Massenblätter „Krone“, „Österreich“ und „Heute“ immer wieder zur Vergiftung des politischen Klimas bei. Sie müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, rechtspopulistische Tendenzen bereits seit Jahren befördert bzw. bestärkt zu haben. Der Erfolg der Strache-FPÖ ist dadurch mit begünstigt worden. Eine Entwicklung, die einen sachlichen und konstruktiven politischen Diskurs hierzulande extrem beeinträchtigt hat.
Umso unverständlicher, dass ausgerechnet ein Sozialdemokrat, nämlich Medienminister Drozda, mit der „Presseförderung neu“ künftig auch dem (Gratis-)-Boulevard den tiefen Griff in den Steuertopf ermöglichen will. Er fördert damit Medienprodukte, die mit sozialdemokratischem Geist soviel wie nichts am Hut haben.
Man fragt sich: Reicht es nicht bereits, dass vor allem aus dem Bereich der Stadt Wien Millionen an Inseratengeldern in den Boulevard geflossen sind? SPÖ-Hoffnungsträger Bundeskanzler Kern hat versprochen, sich das näher anzuschauen. Es ist zu hoffen, dass er seinen Blick tatsächlich darauf wirft, ob es denn sinnvoll ist, florierende Gratiszeitungen nun auch noch mit Steuergeldern zu mästen. Es gilt zudem zu vermeiden, dass Österreichs Medienlandschaft zu Ungunsten des Qualitätsjournalismus weiter verzerrt wird.
Der SPÖ-Vorsitzende wäre auch gut beraten, mehr auf die besonders engagierte Sektion 8 seiner Partei in Wien-Alsergrund zu hören. Sie wird dem SPÖ-Landesparteitag Ende April einen Antrag präsentieren, der die Entnahmeboxen für Gratiszeitungen im öffentlichen Raum und in U-Bahnstationen in Frage stellt. Begründet wird der Antrag u.a. mit tendenziöser Berichterstattung von „Österreich“ und „Heute“. Wie Lea Six von der Sektion 8 erklärt, gehe es „auch grundsätzlich um die Frage, warum zwei Zeitungen hier einen privilegierten Zugang haben“. (Zitat Kurier 15.3.2017)
Fotos: Udo Bachmair (epd/Uschmann); Titelbild: Unsere Zeitung