Bernhards musikalische Rumpelkammer – Juli 2017

Das berühmte Sommerloch: Der Juli hatte überraschend wenig Alben zu bieten, die sich in meine Stereoanlage verirrt haben. Allerdings ist die Bandbreite der tollen Veröffentlichungen dieses Mal noch weiter als sonst aufgespannt: Zwischen Screamo, Sludge, Rap, California-Punk und melancholischem R’n’B ist dieses Mal für alle Freunde alternativer Musik etwas dabei. Die Schatten, die August und vor allem der September bereits vorauswerfen, lässt darauf schließen, dass diese Listen in Zukunft wieder deutlich länger ausfallen werden.

TOP 5

  1. Suffocate For Fuck Sake – In My Blood
  2. Poseidon – Prologue
  3. Tyler The Creator – Flower Boy
  4. Goldfinger – The Knife
  5. Lana Del Rey – Lust For Life

SUFFOCATE FOR FUCK SAKE sind, wie schon ihr Name zeigt, keine Band, die gute Laune versprüht. Die Musiker aus Schweden präsentieren auf „In My Blood“ eine düstere Spielart des Screamo: Verzweifeltes Geschrei trifft auf Spoken-Word-Passagen, melancholische Melodien und sehnsüchtige Harmonien treffen auf brutale, im Sludge angesiedelte Riffwalzen und wütende Hardcore-Ausbrüche. Die damit verbundenen Dynamikwechsel und der Einsatz von Streichern, Bläsern und Frauengesang tragen dazu bei, dass sich eine bedrückende und leidenschaftliche Atmosphäre entwickelt.
Anspieltipp: 

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POSEIDON sind aus der Asche der großartigen Light Bearer hervorgegangen und präsentieren mit „Prologue“ ihr Debüt-Album. Darauf vermengen sie Post Metal mit Drone-Passagen, schleppendem Doom und 70s-Rock-Elementen zu einer (post-)apokalyptischen Mischung, was durch den Wechsel zwischen verhalltem, zitternden Gesang und fiesem Gebrüll unterstützt wird. Dass hierbei für die kommenden Alben ein Narrativ angekündigt wird, das den Zerfall von gesellschaftlichen Strukturen und ihren Wiederaufbau behandelt, macht nach Lust auf eine Fortsetzung.
Anspieltipp:

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TYLER THE CREATOR hat auf seinen bisherigen Alben immer wieder sein ganzes Können aufblitzen lassen und sich sukzessive vom talentierten, aber pubertären und vulgären Schreihals zu einem ernst zu nehmenden Künstler im Hip-Hop emporgearbeitet. Nach einigen zerfahrenen Releases, findet er auf „Flower Boy“ genau die richtige Mischung zwischen (derbem) Humor und Ernsthaftigkeit und lebt zwischen synthielastigen, schrägen Beats seine Vorliebe für Jazz aus. Entsprechend verweigert sich der Musiker oft eingängigen Hooklines und setzt ganz auf eine irritierende Atmosphäre.
Anspieltipp: 


GOLDFINGER waren neun Jahre lang komplett von der Bildfläche verschwunden. Passend zum Sommer und zur Skate-Punk-Laune liefern sie mit „The Knife“ allerdings ein Gute-Laune-Album zwischen Cali-Punk und Third-Wave-Ska ab. Zwar gerät es besonders in der zweiten Hälfte häufig doch eine Spur zu generisch, was die neu formierte Band unter anderem doch den absoluten Sommerhit „Get What I Need“ und weitere Highlights aber kompensieren kann. Schön, dass John Feldman von der Produzenten-Position wieder hinter das Mikrofon getreten ist.
Anspieltipp:


LANA DEL REY veröffentlicht mit „Lust For Life“ ein neues Album. Auch wenn der Hype, der mit ihrem Hit „Video Games“ vor einigen Jahren entstanden ist, in der Zwischenzeit nachgelassen hat, hat die Musikerin sich qualitativ kontinuierlich gesteigert. Insofern ist es auch nicht überraschend, dass die Schwere und Melancholie, die in ihrer Musik mitschwingt, auf dem mittlerweile Xten Album in die stimmigsten Kompositionen ihrer Karriere eingebettet ist, die zwischen R’n’B der neueren Schule sowie Shoegaze- und Indie-Elementen pendeln.
Anspieltipp: 


Außerdem:

ARCADE FIRE haben auf ihren ersten drei Alben mit ihrem verschrobenen Folk-Indie hatte einen individuellen Charme entwickelt, den sie mit elektronischen Einflüssen auf ihrem letzten Album „Reflektor“ ein wenig verloren haben. „Everything Now“ setzt genau dort an und führt die poppige Reise weiter fort – mit einigen Ausnahmen, wie dem nervigen „Electric Blue“, gelingt der Spagat zwischen Indie und Pop dieses Mal deutlich besser. Dennoch wird, mit Ausnahme der charismatischen Stimme von Win Butler, der Unterschied zu einer x-beliebigen anderen Indie-Band immer geringer.

DCVDNS liefert mit „Der erste tighte Wei$$e“ nur dem Titel nach eine Hommage an Battler-Rapper Taktlo$$ ab. In einem humoristischen Rundumschlag teilt DCVDNS gegen die deutsche Hip-Hop-Szene aus, in der er sich gleichzeitig verortet. Seine Ironie ist dabei oft mit dem Holzhammer serviert und die Produktion stellt klassischen Boom Bap zugunsten aufgeblasener Trap Beats in den Hintergrund. Das gnadenlose Durchziehen und Übertreiben jeglicher Rapklischees funktioniert stellenweise großartig und macht Spaß, während es in anderen Momenten doch eine Nummer zu platt geraten ist.

Bernhard Landkammer schreibt auch für metal1.info. Dort könnt ihr weitere Rezensionen und teilweise ausführlichere Meinungen zu den hier besprochenen Alben lesen.

Bisher:

Titelbild: Bernhard Landkammer/Unsere Zeitung

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