Versagen macht einen nicht zum Versager. – Von Oliver Suchanek
Wer sucht sich heute nicht eine Zuflucht aus dem Alltag, Ablenkung von der Realität? Ist es so manches Mal nicht einfacher, sich selbst eine neue Welt zu erschaffen, in der man sich verlieren kann, sei es nur für ein paar Minuten?
Hier kommt das Schlüsselwort Improvisation ins Spiel. Einen Schritt zu einer genauen Definition des Schlüsselwortes muss man erst einmal zwischen Improvisation und Improvisieren unterscheiden. Während Improvisieren Handeln bzw. Prozess an sich gemeint ist, ist die Improvisation das Produkt des Prozesses; also lässt sich festlegen, dass es ein Weg von mehreren Ziegelsteinen ist, die am Ende durch Zusammenarbeit, Zufälle und Kreativität – ganz wichtig auch: Begeisterung! – zu einem Turm geschaffen wird. Es ist kein fertiges Produkt, welches die Improtagonisten dem Publikum geben oder zeigen können und es ist auch keine Sache, die sie wiederholen können, da nichts nach einem Drehbuch läuft.
Es wird gespielt; als Kind weiß man, wie man spielt. Sobald man älter wird, geht der Sinn für Spiel – das Bedürfnis, sich in etwas zu engagieren, einfach nur, weil man es mag – bzw. das Grundgerüst zunehmend verloren. Das Konzept von Spiel ändert sich mit dem Alter; es wird ernster genommen und somit schwindet die Leichtigkeit, die eigentlich genau das ausmacht. Daraus entsteht das Gegenteil von Spiel: Arbeit. Man fängt an darüber nachzudenken, Sorgen entstehen und ehe man sich versieht, sitzt man im Kopf fest. Es wird nicht mehr gespielt und im Hier und Jetzt gelebt.
Es entstehen Fehler. Versagen ist einfach, wir alle können genau das. Der harte Teil an diesem Umstand ist damit im Reinen zu sein und zu akzeptieren, dass Versagen okay ist und dann erneut versagen. Die Angst davor, zu versagen, gibt der Akzeptanz keine Möglichkeit erst zu entstehen – wenn man anfängt das Versagen zu fürchten, bahnen sich Sorgen an und dies auf dem direkten Wege zurück zum Kopf. In der Improvisation ist eines besonders klar: Versagen macht einen nicht zum Versager.
Mit dem lauten Countdown vom Publikum – Fünf, Vier, Drei, Zwei, Eins … Los! – beginnt eine neue und einzigartige Geschichte, bei der weder das Publikum, noch die Improtagonisten aus dem Osten Niederösterreichs, im Vorhinein wissen, worum es geht und wie sie endet. Aus der neuen Welt und Rahmenbedingungen, die vom Publikum geschaffen werden und der kreativen Spontanität der Improtagonisten werden auf der Bühne, oder auch auf der Straße durch die Stadt Brucks, im Präsens, im Hier und Jetzt, neue Erinnerungen fernab der Realität kreiert. Passend zu einem Sprichwort „Alles ist möglich – nichts ist vorhersehbar“ betreten die Improvisierer, an jedem ersten Dienstag des Monats, die Bühne, die neue Welt, ohne zu wissen, was sie sein werden. Es passieren humorvolle und berührende, alltägliche und zugängliche, aber auch vollkommen konfuse Geschichten oder Lieder, ohne, dass sie jemals zuvor gespielt wurden, werden gesungen. Für eine Sekunde vergisst man die eigene Realität, es wird reagiert und nicht nachgedacht.
Am besten ist es jedoch, man gibt sich so eine Erfahrung selbst. Denn mit großer Gewissheit lässt sich sagen: sie ist jedes Mal einzigartig.
Für weitere Infos bzw. Termine: die improtagonisten (facebook); Website der Improtagonisten: www.improtagonisten.at
Titelbild: die improtagonisten (facebook)
Der Artikel hat einen sehr guten Lesefluss. Auf gut deutsch, es liest sich runter wie Butter. Hut ab das ist Qualität