Das Phänomen der steirischen Kommunisten
Von Philipp Eichhorn
Ich habe nun die Ehre bekommen eine wöchentliche Kolumne für die österreichische (?) Linke zu schreiben. Mal schauen wie weit wir damit kommen.
Was bietet sich daher besser an als die Wahl in der Steiermark und das die KP es dort mal wieder geschafft hat ihre atypische Stellung zu halten in dem sie eben jene erfolgreiche Politik fortsetzt mit der sie, nun ja, erfolgreich geworden ist?
Welch bessere Gelegenheit würde sich also bieten als jetzt, sich endlich mal diesem Phänomen zu widmen, wie sie es nun, zum vierten mal in Folge, schafft in den Landtag einzuziehen?
Immerhin beschäftigen sich seit Jahrzehnten Wissenschaftler, Journalisten, Talkrunden ohne sie und die gesamte österreichische Linke, mit ihr.
Schließlich wirft es ja viele Fragen auf, die man nur all zu gut kennt:
Warum bekommt eine Landespartei bei einer Landtagswahl so viele Stimmen wie die Bundespartei mit Bündnissen im ganzen Land, obwohl sie eine ganz andere Politik macht als diese?
Wie kann sich eine Partei halten, die ihre Geld statt in den revolutionären Parteiaufbau zu stecken, dieses als Ersatz-Caritas unter die Leute verteilt?
Und bei der Totalität des Wertgesetzes behaupten, dass sie nicht käuflich wären?
Wie kann sie ernsthaft Vertrauen aufbauen, wenn sie verkünden, dass sie bei Problemen schnell und unbürokratisch hilft, statt den Leuten klar zu machen, dass nur der lange und steinige Weg der Selbstorganisation wirklich hilft?
Und drückt den Leute dann tatsächlich Geld für den kaputten Kühlschrank in die Hand, statt einen Flyer für einen Lesekreis? Was für ein Bewusstsein soll da entstehen!?
Wie kann sie im Jahr 2019 mit solchen unattraktiven Boomer-Nischen-Themen wie Wohnen oder Spitalsschließungen punkten?
Und ist dann in Zeiten des Social-Media-Wahlkampfes trotzdem bloß da erfolgreich, wo sie besonders aktiv ist?
Wie kann man nach all dem was im Namen des Kommunismus passiert ist glauben, dass man selbst im Jahr 2019 schon wieder damit in den Landtag einzieht?
Und was hat dieser sozialdemokratische Kampf um bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen überhaupt mit dem Kommunismus zu tun?
Wie konnte sie überhaupt in Graz die SPÖ und FPÖ weit hinter sich lassen, obwohl sie, statt erstere als nicht links genug und letztere als viel zu rechtsextrem, lieber die ÖVP als von Grund auf Arbeiter-, Familien- und Mieterfeindlich zu bekämpfen?
Sind die Leute nicht langsam mal genervt, wie oft sie mit irgendwelchen Unterschriften, Aktionen und Demonstrationen mal wieder irgendwas verhindern?
Jetzt wollen sie in Zeiten der Klimakrise und des Volksbegehrens für eine bedingungsloses Grundeinkommen auch noch den Abbau von 2.000 Arbeitsplätzen bei Magna verhindern…
Aber das hat man wohl davon, wenn man seine Organisation für so mittelalte(rliche) RaUcHfAnGkEhReR, LeihARBEITER und Betriebsrätinnen in der A-U-T-O-M-O-B-I-L-I-N-D-U-S-T-R-I-E öffnet. Oder trefft ihr die sonst wo in linken Zusammenhängen?
Und obwohl wir uns schon längst darauf geeinigt haben, dass das Grazer Modell ein Sonderfall ist, dass sich nicht übertragen lässt, sind sie jetzt mit dank peinlichen Hundefotos in Knittelfeld schon bei 12% und wegen ihrer Kampagne gegen eine Scheiß-Spitalsschließung in Rottenmann tatsächlich um 13% auf 17% hochgeschossen.
17%!!!
Wegen einem Spital.
In. Fucking. ROTTENMANN.
Und all das während wir uns seit 30, 40, 50 Jahren den Arsch aufreißen und ständig neue der Zeit angemessene Organisationen gründen und Organisationsformen begründen.
Bündnisse schließen, auflösen, kritisieren und propagieren.
Während wir uns ständig fragen inwiefern unsere Theorie noch der Aktualität des Kapitalismus gerecht wird, ob es Klassen noch gibt, ob Theorie nicht die eigentlichen Praxis ist und was Theorie überhaupt ist?
Während wir Mosaike basteln, Multiperspektivität lernen, Parteien für obsolet erklären, neue soziale Bewegungen erforschen und ständig auf der Suche nach dem neuen revolutionärem Subjekt sind und uns ganz sicher sind, dass es nur den mühsamen und steinigen Weg des Aufbaus gibt:
Machen die aus 4% mal eben kurz 17% wegen einem Spital in Rottenmann. JAOK.
Was ist also nun mit dem Phänomen dieser elendigen steirischen Kommunisten?
Warum sind die trotz alledem so scheiß erfolgreich?
Ich befürchte ich muss leider von Anfang gleich mal enttäuschen.
Meine Antwort drauf:
Ich habe keine Schlaue.
Aber es freut mich.
The End.
Titelbild: KPÖ Steiermark