Kommunistische & Sozialistische Jugend wehren sich gegen Gerichtsurteil in erster Instanz und starten gemeinsame Kampagne für demokratisches Recht auf Versammlungsfreiheit
Von Michael Wögerer
2016 fand in Linz eines der größten rechtsextremen Vernetzungstreffen im deutschsprachigen Raum statt. Das Bündnis „Linz gegen Rechts“ organisierte dagegen eine riesige Demonstration, die sich gegen Rassismus, Hass und Hetze und für ein solidarisches und gemeinsames Miteinander aussprach. Nun stellt ein folgenschweres Gerichtsurteil das demokratische Recht auf Versammlungsfreiheit in Frage und bringt die Demonstrationsanmelderinnen in große Bedrängnis. Die Anmelderinnen der Demonstration, die Kommunistische Jugend Österreichs (KJÖ) und die Sozialistische Jugend Oberösterreich (SJ OÖ) wurden geklagt, weil während der Demonstration ein Sachschaden auf einem Gebäude entlang der Demoroute entstand. Das Bezirksgericht Linz sprach den Klägern nun in erster Instanz Schadenersatz zu, inklusive Prozesskosten sollen die beiden Jugendorganisation eine Summe von 23.263,45 Euro bezahlen.
„Wer Demokratie lebt, darf dafür nicht bestraft werden. Es ist daher unsere demokratische Pflicht in Berufung zu gehen“, kündigt Nina Andree, Landesvorsitzende der Sozialistischen Jugend Oberösterreich, in einer Aussendung an. Das Gerichtsurteil sei ein Angriff auf die antifaschistische Arbeit und vor allem ein Angriff auf die Demokratie.
„Das Recht auf Versammlungsfreiheit ist eines unserer wichtigsten demokratischen Rechte! Wenn wir dieses Gerichtsurteil akzeptieren würden, würden wir auch akzeptieren, dass dieses Grundrecht massiv beschnitten und angegriffen wird. Das können und wollen wir nicht zulassen!“, ergänzt Raffael Schöberl, Bundesvorsitzender der Kommunistischen Jugend Österreichs.
Die Jugendorganisationen rechnen sich gute Chancen für die Berufung aus. Laut Bernd Wiesinger, dem Rechtsanwalt der KJÖ ist eine Haftung des Anmelders bzw. Leiters einer Demonstration für sämtliche Schäden, die von Teilnehmern der Demonstration verursacht wurden, gesetzlich nicht vorgesehen und wäre auch mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit nicht vereinbar.
„Dem Anzeiger die Haftung für das Verhalten sämtlicher Teilnehmer einer Demonstration aufzubürden käme einer intentionalen Beschränkung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit gleich, die dessen Anwendungsbereich völlig aushöhlen würde“, so Wiesinger.
Auch Michael Pilz, Rechtsanwalt der SJ Oberösterreich, sieht in dem vorliegenden Urteil einen schlecht begründeten „Eingriff in das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit“.
„Dieses Urteil wird, so meine Einschätzung, vor dem Landesgericht Linz nicht halten; sollte dies wider Erwarten der Fall sein, wird der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darüber zu entscheiden haben, ob im Umweg über eine Schadenersatzhaftung für das Verhalten Dritter das Demonstrationsrecht beschnitten werden darf“, erläutert Pilz.
Um die anmeldenden Organisationen in ihrem Gerichtsprozess zu unterstützen, hat das Bündnis „Linz gegen Rechts“ die Spendenkampagne „Demokratie in Gefahr: Versammlungsfreiheit verteidigen!“ ins Leben gerufen. Mit dem gesammelten Geld sollen die Anwalts- und Verfahrenskosten gedeckt werden.
Titelbild: Demonstration gegen den rechtsextremen „Kongress zur Verteidigung Europas“ 2016 (Foto: Linz gegen Rechts)
Ich bin auch für das Recht auf Versammlungsfreiheit. Ich stelle mir aber schon die Frage: „Wie kommt der Besitzer des Gebäudes an dem der Schaden entstanden ist dazu, für den Schaden von 23.263,45 Euro aufzukommen“? Wäre das fair? Oder wer zahlt sonst den Schaden. Ich nehme ja nicht an, dass der Schaden zufällig und aus Versehen entstanden ist. Daher auch die Frage, wie ernst darf ich die Demonstration „gegen Rassismus, Hass und Hetze und für ein solidarisches und gemeinsames Miteinander“ nehmen, wenn solche Trottel dabei sind? Wie schaut das dann aus mit dem „gemeinsamen Miteinander“, wenn ein anderer (oder auch die öffentliche Hand) so geschädigt wird? Bleibt eventuell doch der Veranstalter übrig?