„Kein Mensch sollte in einer ungewissen Gefangenschaft ohne Verfahren leben.“
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat die USA aufgefordert ihr Gefangenenlager in Guantánamo (Kuba) zu schließen und die dort Inhaftierten entweder auf freien Fuß zu setzen oder ihnen ein faires Verfahren zu gewähren. Darüber informierte heute, Donnerstag, der Direktor des Menschenrechtsbüros (ODIHR), Michael Georg Link, in einer Pressekonferenz in Wien.
In einem knapp 300-seitigen OSZE-Bericht über die Verletzung der Menschenrechte in der US-Haftanstalt von Guantánamo wird zudem die vollständige Untersuchung und Verfolgung begangener Menschenrechtsverletzungen wie Folter und anderer Gräueltaten gefordert. Der Bericht deckt eine große Bandbreite von Menschenrechtsproblematiken und die Verletzung von OSZE-Verpflichtungen auf.
Link begrüße die Absicht der Regierung von Präsident Obama einen konkreten Plan zur Schließung des Straflagers zu entwickeln: „Kein Mensch sollte in einer ungewissen Gefangenschaft ohne Verfahren leben. Als eine der ältesten Demokratien in der OSZE sollten die Vereinigten Staaten von Amerika mit gutem Beispiel vorangehen und deutlich aufzeigen, dass jeder Mensch das Recht auf ein faires Verfahren hat. Die Gefangenen sollten entweder angeklagt, oder freigelassen werden.“
„Es gibt einen eindeutigen Bedarf nach vollständiger Transparenz und Verantwortung hinsichtlich der Verletzung der Menschenrechte der Gefangenen, wie Folter, die in Guantánamo als Teil eines CIA-Programmes begangen wurden“, sagte Omer Fisher, stellvertretender Leiter des Menschenrechtsbüros. Die Gefangenen hätten ebenso ein Recht auf Entschädigung und medizinische Rehabilitation.
Der Bericht basiert auf Interviews mit offiziellen Vertretern der US-Regierung, sowie militärischen und zivilen Anwälten, NGOs und früheren Gefangenen. Derzeitige in Guantánamo Festgehaltene durften für den vorliegenden OSZE-Bericht allerdings nicht befragt werden.
Das Gefangenenlager gehört zur Guantánamo Bay Naval Base, einem Marinestützpunkt der US Navy in der Guantánamo-Bucht auf Kuba. Im Januar 2002 wurde in Folge der Anschläge vom 11. September 2001 und der darauf folgenden US-amerikanischen Invasion in Afghanistan begonnen, den Stützpunkt in ein Internierungslager für Gefangene zu erweitern, die von US-Regierungen unter Bush und Obama als ungesetzliche Kombattanten bezeichnet werden. Derzeit werden noch 112 Gefangene festgehalten. Gegen 102 von ihnen existiere keine Anklage. Gegen 53 seien laut ODIHR-Expertin Lucille Sengler sogar jegliche Vorwürfe fallen gelassen worden. Die Schließung des Gefangenenlagers gehörte zu den zentralen Versprechen von US-Präsident Obama, er stößt dabei jedoch auf den Widerstand der Republikaner, die im Kongress die Mehrheit haben. Die Republik Kuba fordert nicht nur die Schließung des Gefangenenlagers, sondern auch die Auflösung des 1903 errichteten US-Militärstützpunktes sowie die Rückgabe des „illegal“ besetzten Gebietes.
Foto: Petty Officer 1st class Shane T. McCoy, U.S. Navy. (pubic domain)