Sebastian Kurz strebt nach der Alleinherrschaft – Ein Kommentar von Stefan Kastél
Eigentlich sollte es für die gesamte österreichische Gesellschaft ein alarmierendes Signal sein, wenn man den Fortbestand einer Regierungskoalition, an Einzelpersonen festmacht. Ebenso sollte es alarmierend sein, wenn bestimmte Landeshauptleute mächtiger sind, als der Parteichef. Wer also über die diktatorischen Züge in der momentanen Türkei spricht, darf die faschistischen Tendenzen in der eigenen Gesellschaft nicht verschweigen.
Denn wie sonst sollte man die aktuelle Vorgehensweise von Sebastian Kurz anders deuten?
Es sind genau sieben Bedingungen zur Übernahme der Volkspartei, nachdem Reinhold Mitterlehner zurückgetreten ist, die ein Ausdruck von Bonapartismus in Reinkultur sind.
Seit Wilhelm Molterers „Es reicht“ im Jahre 2008, und den damit einhergehenden Neuwahlen, hat sich am Verhältnis der ÖVP zum Regierungspartner wenig geändert. Es wirkte immer wie eine Zweckgemeinschaft, in der keiner wirklich glücklich zu sein schien. Dabei gab es immer wieder politische Akteure, die nicht an lösungsorientierter oder konstruktiver Arbeit interessiert waren, sondern die Funktion der Wadenbeisser in Richtung SPÖ hatten.
Das aktuelle Forderungsprogramm von Sebastian Kurz, lässt Mitterlehner wie den sympathischsten ÖVPler der Welt erscheinen und irgendwie erhellt es auch ein Stückchen mehr dessen Rücktritts-Entscheidung.
Noch interessanter sind dabei die bisherigen Reaktionen der schwarzen Landeshauptleute. Aus allen Bundesländern schrillt es einstimmig, „Oui, mon général!“
Dieser blinde Gehorsam ist beunruhigend, zeigt jedoch auf, wie das Innenleben der ÖVP funktioniert. Man richtet sich nach einer starken Führungspersönlichkeit und wirft sämtliche, moralische Grundsätze über Bord. Der grüne Landessprecher in Wien, Joachim Kovacs, bringt es dabei auf den Punkt, wenn er twittert:
Was #Kurz in der #ÖVP abzieht,macht er bei Gelegenheit auch mit der österreichischen #Demokratie.Wir dürfen ihm diese Gelegenheit nie geben!
— Joachim Kovacs (@JoachimKovacs) 13. Mai 2017
Eigentlich sollte jede Demokratie von starken gesellschaftlichen Strukturen leben, in denen es um ein Miteinander auf Augenhöhe geht. Die Pläne von Kurz zeigen allerdings auf, wozu die österreichische Politik leider noch immer fähig ist.
Titelbild: Sebastian Kurz bei einem Besuch bei der Firma DiTech in Wien-Brigittenau, 2012 (GuentherZ; Lizenz: CC BY 3.0)