Kommunistin ist Grazer Vizebürgermeisterin

elke_kahr_03aMit 38 von 46 Stimmen wurde Elke Kahr heute zur Vizebürgermeisterin der zweitgrößten Stadt Österreichs gewählt. Damit ist Kahr nach Gabi Leitenbauer in Trofaiach und Anna Skender in Eisenerz die dritte Kommunistin in der Steiermark, die derzeit das Amt einer Vizebürgermeisterin bekleidet.

Verantwortung für soziale Stadtentwicklung

Ihr politisches Hauptaugenmerk liegt, wie schon bei ihrem Vorgänger Ernest Kaltenegger, im Wohnungsbereich. Seit zehn Jahren liegt das Wohnressort in ihren Händen. In dieser Zeit wurden 500 neue Gemeindewohnungen errichtet und Grundstücke für 500 weitere gesichert. Das unter Kaltenegger begonnene Programm „Ein Bad für jede Gemeindewohnung“ wurde 2011 fertig gestellt – und damit der Substandard im Gemeindebau beseitigt. Umfassende Sanierungen im thermischen Bereich, Liftanbauten, Fernwärmeanschlüsse wurden vorgenommen. 2011 wurde der Kautionsfonds eingeführt, um Menschen zu unterstützen, die sich die Wohnungseinstiegskosten nicht leisten können.

„Die Tür steht alle offen“

Dass Elke Kahrs Tür für Hilfesuchende immer offensteht, ist ein Teil des kommunistischen Erfolgsrezepts in Graz. Jährlich kommen über 5.000 Menschen zu ihr ins Büro und suchen Unterstützung bei Problemen mit dem Vermieter oder Hilfe, wenn sie mit ihrem Einkommen nicht mehr auskommen.
Von ihrem Politeinkommen behält Kahr nur 1.900 Euro für sich. Mit dem Rest greift sie Menschen in Notlagen unter die Arme.

Erst ausgebootet

Schon bei der Konstituierung des Gemeinderats 2013 hatte die KPÖ, dem Statut der Stadt entsprechend, Elke Kahr als Vizebürgermeisterin vorgeschlagen. Mit 20 Prozent und zehn Mandaten war die KPÖ als zweitstärkste Partei aus den Wahlen hervorgegangen. Jedoch hatten sich die Paktpartner von ÖVP, SPÖ und FPÖ darauf geeinigt, die drittplatzierte Sozialdemokratin Martina Schröck zu Vizebürgermeisterin zu machen. Elke Kahr wolle „keine Verantwortung übernehmen“ und sei gar ein „Sicherheitsrisiko“ hieß es damals aus ÖVP-Kreisen.

Heute kam es anders. Durch Schröcks Rücktritt bekam nun abermals die KPÖ das Vorschlagsrecht. Abermals schlug sie Elke Kahr vor. Dieses Mal erhielt sie im ersten Wahlgang eine Mehrheit.

Schließlich doch gewählt

An ihrer Arbeitsweise werde das nichts ändern, betonte Kahr in der Rede nach ihrer Angelobung durch Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer. Sie werde „mit der gleichen wertschätzenden Haltung gegenüber allen Menschen, die hier leben, fortsetzen – vor allem auch jenen gegenüber, die oft keine Lobby haben“.

„Viele Menschen haben Angst vor der Zukunft. Diese Angst kann ihnen nicht nehmen, wenn man ihnen das Blaue vom Himmel verspricht oder wenn man Fremde als Sündenböcke für alle Probleme anprangert. Wir müssen der Bevölkerung Mut machen und Hoffnung geben – und zwar nicht mit allgemeinen Worten, sondern ganz konkret. Dafür möchte ich auch in meiner neuen Funktion wirken“, sagte die neue Vizebürgermeisterin abschließend.

Zur Person:

elke_kahr2Elke Kahr (geb. 2. November 1961) wurde im Alter von drei Jahren von der Verkäuferin Edith und dem Schlosser Otto Kahr adoptiert. Sie besuchte die Volksschule Neuhart, die Hauptschule in St. Andrä und danach die Handelsschule in der Grazbachgasse. Bis sie 1985 begann für die Grazer KPÖ zu arbeiten, der sie seit 1983 angehörte, war sie für die Kontrollbank tätig und holte abends die Matura nach.
Seit 1993 ist sie Gemeinderätin, seit 1998 Klubobfrau der KPÖ und seit 2005 Wohnungsstadträtin in Graz. Von 2003 bis 2004 war sie stellvertretende Bundesvorsitzende der KPÖ.
Mit Franz Stephan Parteder, dem ehemaligen Landesobmann der steirischen KPÖ, ist sie in einer Lebensgemeinschaft und hat einen erwachsenen Sohn. Demnächst wird sie Oma.

Fotos:  kpoe-graz.at

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