Medien(landschaften), die die Nutzer mit Katastrophen nähren und Taubheit erzeugen, spiegelt Petra Ganglbauer in ihrem neuen Kurzprosaband und beobachtet Parallelwelten, die nebeneinander existieren, ohne einander direkt zu berühren. – Sonntag ist Büchertag von Cornelia Stahl
Die gebürtige Grazerin Petra Ganglbauer ist eine fixe Größe unter den Lyrikerinnen Österreichs. Im Band „Wasser im Gespräch“ (Keiper-Verlag, 2016) erzählt sie von Orten und Naturlandschaften. Ganglbauer, selbst an mehreren Orten verortet, verwandelt (über Nacht) Wasser- und Seenlandschaften in Schneelandschaften.
Medien(landschaften) stehen im Fokus ihres neuen Kurzprosabandes “Wie eine Landschaft aus dem Jahre Schnee”. Es behandelt jene Landschaften, die uns mitunter überfluten, wenn Dinge zeitgleich, parallel, mit unterschiedlicher Intention und Intensität an verschiedenen Orten geschehen. In Sicherheit wissend, konsumieren Mediennutzer Schreckens- und Kriegsbilder von Bildschirmen und Smartphones. Parallelwelten prallen aufeinander. Die Autorin provoziert mit gegensätzlichen Bedeutungen von Zeit: damals in der Zukunft, stellt gewohnte Ordnungen infrage, lässt Naturbeobachtungen einfließen: Spuren im Schnee an einem friedlichen Ort, während andernorts Krieg herrscht, sich Panzerspuren wie blutgetränkte Narben in die Landschaft graben, Selbstmörder sich und andere in die Luft sprengen, in der Hoffnung, dem Paradies nahe zu sein.
Als „gerupfte Welt“, umschreibt Ganglbauer dieses Kriegsszenario: „in Einzelteile zerlegt, zerbrochene Wirklichkeitsstücke“ (S.33). Mit der Wiederholung „Ort, und am anderen dort“ stellt sie divergierende Welten einander gegenüber: Einerseits Orte, an denen Menschen im Krieg um ihr Überleben kämpfen, andernorts ein Übermaß an Katastrophenbildern in Europa, die ungefiltert von Medienkanälen ausgestrahlt werden, Taubheitsgefühle erzeugen: „Wir nähren ihre Geister mit Katastrophen und eine Taubheit greift um sich“ (S.35).
Petra Ganglbauer erweist sich als präzise Beobachterin. Ihre Kurztexte wirken eindringlich, sogartig, mitunter verstörend. Unbedingt lesen!
Cornelia Stahl traf die Autorin 2017 zum Interview. Nachzuhören auf Radio Orange („Literaturfenster Österreich“):
Wie eine Landschaft aus dem Jahre Schnee
Kurzprosa von Petra Ganglbauer.
Bilder von Gabriele Quasebarth.
Weitra: Bibliothek der Provinz 2017.
54 Seiten. EUR 10,-.
ISBN 978-3-99028-681-4.
Titelbild: Ausschnitt vom Cover (Bibliothek der Provinz)
Sonntag ist Büchertag:
Bisher:
- „Kinder der Tage“ (Eduardo Galeano)
- „Familie Salzmann“ (Erich Hackl)
- „Deutsche Demokratische Rechnung. Eine Liebeserzählung“ (Dietmar Dath)
- Über Kurt Tucholsky
- „Lenin kam nur bis Lüdenscheid“ (Richard David Precht)
- „Der Aufstand des Gewissens“ (Jean Ziegler)
- „Superhenne Hanna“ (Felix Mitterer)
- „Die Diktatur des Kapitals“ (Hannes Hofbauer)
- „Die schützende Hand“ (Wolfgang Schorlau)
- „Hitler war kein Betriebsunfall“ (Emil Carlebach)
- „Heldenplatz“ (Thomas Bernhard)
- „Zwölfeläuten“ (Heinz R. Unger)
- „MARX“ – Graphic Novel (Corinne Maier, Anne Simon)
- „Gefährliche Bürger“ (Christoph Giesa und Liane Bednarz)
- „Ändere die Welt. Warum wir die kannibalische Weltordnung stürzen müssen“ (Jean Ziegler)
- „Der Implex. Sozialer Fortschritt: Geschichte und Idee“ (Dietmar Dath & Barbara Kirchner)
- Die Viertel der Reichen (Louis Aragon)
- „Wie Italien an die Räuber fiel“ (Gerhard Feldbauer)
- „berlin. bleierne stadt“ (Jason Lutes)
- „Das war Österreich“ (Robert Menasse)
- „Narr“ von Schilddorfer & Weiss
- „Fußball. Eine Kulturgeschichte“ (Klaus Zeyringer)
- „Reisen in das Land der Kriege“ (Kurt Köpruner)
- „The magic Pen – Der Zauberstift“ (Kathrin Steinbacher)
- „Rückkehr nach Reims“ (Didier Eribon)
- ISLAMISCHER STAAT & Co. (Werner Ruf)
- „Die Welt von gestern – Erinnerungen eines Europäers (Stefan Zweig)
- Freud und das Politische (Moshe Zuckermann)
- „LONDON. Unterwegs in einer umkämpften Metropole“ (Peter Stäuber)
- „Der Tote im Bunker“ (Martin Polack)
- „Antonia war schon mal da“ (Patrick Wirbeleit)
- „Hinter den Barrikaden – Eine Reise durch Nordkurdistan im Krieg“ (Lower Class Magazine)
- „Ein Streik steht, wenn mensch ihn selber macht“ (Peter Nowak)
- „Die Wut wächst“ (Oskar Lafontaine)
- „Postkapitalismus“ (Paul Mason)
- Proleten, Pöbel, Parasiten (Christian Baron)
- „Jenseits von 1984″ (Sandro Gaycken)
- „Erinnerungen aus dem Widerstand“ (Margarete Schütte-Lihotzky)
- CETA – Lesen und verstehen. (Analyse des EU-Kanada-Freihandelsabkommens)
- Die globale Überwachung (Glenn Greenwald)
- „Die Wörter fliegen“ (Jutta Treiber)
- „erfasst, verfolgt, vernichtet“ (Ausstellungskatalog)
- „Verwirrung der Gefühle“ (Stefan Zweig)
- „Kalendergeschichten“ (Bertolt Brecht)
- „Kryptozän“ (Pola Oloixarac)
- „Die Europäische Union“ (Andreas Wehr)
- „Ich war Zwangsarbeiterin bei Salamander“ (Vera Friedländer)
- „Emotionale Erpressung – Wenn andere mit Gefühlen drohen.“ (Susan Forward)
- „Generation Erdoğan. Die Türkei – ein zerrissenes Land im 21. Jahrhundert.“ (Çiğdem Akyol)
- „Thomas Sankara – Die Ideen sterben nicht!“ (AfricAvenir)
- „Zarah und Zottel. Ein Pony auf vier Pfoten“ (Jan Birck)
- „Erwachen – In einer andern Welt“ (Andreas Kollross)
- „Erdmännchen Gustav – Kunstraub im Museum“ (Ingo Siegner)
- „Out Demons Out“ (Walter Kohl)
- „Mathematik für Sonntagmorgen“ (George Szpiro)
- Kleiner Dreckspatz Aurelia – Wasch dich doch mal! (Dorothea Flechsig)
- „46 Fragen zur nachkapitalistischen Zukunft“ (Meinhard Creydt)
- „Willkommen in Österreich“ (Ferry Maier/Julia Ortner)
- „Ein Jude in Neukölln. Mein Weg zum Miteinander der Religionen“ (Ármin Langer)
- „Eddy, der Elefant, der lieber klein bleiben wollte“ (Hans Traxler)
- Populismus für Anfänger – Anleitung zur Volksverführung (Ötsch/Horaczek)
- „Chikago“ (Theodora Bauer)